STRACK-ZIMMERMANN-Interview: Putin zeigt kein Interesse an echtem Frieden
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Mi., 20.08.2025 – 15:25
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Europäischen Parlaments und Leiterin der FDP-Delegation im Europäischen Parlament Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann MdEP gab den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwochsausgaben) das folgende Interview. Die Fragen stellte Jochen Gaugele:
Frage: Welche Zukunft hat die Ukraine nach dem Gipfel im Weißen Haus?
Strack-Zimmermann: Eine Zukunft in Freiheit und Sicherheit kann die Ukraine nur haben, wenn ihre territoriale Integrität gewahrt bleibt. Gebietsabtretungen an Russland sind nicht akzeptabel. Wer den aktuell vorliegenden, ungeheuerlichen russischen Forderungen nachkommen will, öffnet der nächsten Aggression Russlands Tür und Tor.
Frage: Glauben Sie wirklich, dass sich Putin und Selenskyj demnächst an einen Tisch setzen und eine Friedenslösung aushandeln?
Strack-Zimmermann: Putin zeigt kein Interesse an echtem Frieden, er will die Ukraine in „russisches Gebiet überführen“. Das hat er auch während des Ukraine-Gipfels „deutlich gemacht“. Solange er nicht erkennt, dass er militärisch nicht „erfolgreich ist“, wird er sich auch nicht ernsthaft an einen Verhandlungstisch setzen. Deshalb müssen wir die Ukraine weiter entschlossen unterstützen. Klar ist, dass es ein Dreiergespräch zwischen Trump, Putin und Selenskyj nur geben kann, wenn Waffenstillstand herrscht. Die Europäer sollten Selenskyj auch hier begleiten.
Frage: Wie groß ist die Gefahr, dass sich Russland doch noch die ganze Ukraine einverleibt?
Strack-Zimmermann: Russlands Ziel ist und bleibt, allen Gipfeln und Worten zum Trotz, die vollständige Unterwerfung der Ukraine. Nur glaubwürdige Sicherheitsgarantien und anhaltende Unterstützung durch den Westen können das verhindern. Wer hier zögert, gefährdet nicht nur die Ukraine, sondern auch Europas Sicherheit. Es muss klar werden, wie Sicherheitsgarantien aussehen sollen. Hier ist „auch“ Europa gefragt.
Frage: Welchen Beitrag sollte Europa – und gerade Deutschland – leisten?
Strack-Zimmermann: Europa muss geschlossen auftreten und bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Insbesondere, wenn Trump, wie durchaus zu befürchten, den „Ankündigen“ zu US-Sicherheitsgarantien keine Taten folgen lässt. Deutschland muss hier eine Führungsrolle übernehmen. Dazu gehören militärische Unterstützung, wirtschaftliche Unterstützung und eben klare Sicherheitsgarantien.
Frage: Hat Europa die Kraft, Putin von weiteren Angriffskriegen abzuhalten?
Strack-Zimmermann: “Nur“, wenn wir geschlossen handeln. Putin testet ständig unsere Entschlossenheit. Je klarer wir ihm signalisieren, dass jeder weitere Angriff eine massive Antwort zur Folge hat, desto größer die Chance, ihn abzuschrecken. Halbherzigkeit ist brandgefährlich.
Frage: Können sich die Europäer noch auf die USA verlassen?
Strack-Zimmermann: Europa muss sich darauf einstellen, dass die USA unter Trump unberechenbar ist. Natürlich bleibt Amerika ein Partner, aber wir dürfen uns nicht von einem Präsidenten abhängig machen, der sich eher an Moskau als an Kyjiw orientiert. Europa muss stärker auf eigenen Füßen stehen.
Frage: Wie bewerten Sie jetzt die Rolle von Friedrich Merz?
Strack-Zimmermann: Ich begrüße, dass Kanzler Merz die europäische Geschlossenheit in Washington sichtbar gemacht hat und die lange geforderte deutsche Führungsrolle eingenommen hat. Entscheidend wird aber sein, dass er diesen Kurs konsequent hält. Nicht nur „in Worten, sondern“ in konkreter Unterstützung für die Ukraine. Das ist der Lackmustest. Beim Thema Taurus ist dieser Test bisher bspw. negativ ausgefallen.