HÜSKENS-Gastbeitrag: Warum der Staat ohne Digitalisierung nicht handlungsfähig ist

HÜSKENS-Gastbeitrag: Warum der Staat ohne Digitalisierung nicht handlungsfähig ist

Gast (nicht überprüft)

Fr., 07.03.2025 – 08:39

Das FDP-Präsidiumsmitglied und Ministerin für Infrastruktur und Digitales des Landes Sachsen-Anhalt Dr. Lydia Hüskens MdL schrieb für „Table Media“ den folgenden Gastbeitrag:

Die Digitalisierung der Verwaltung ist keine Frage der Effizienz, sondern elementar für einen handlungsfähigen, bürgernahen und zukunftssicheren Staat. Sachsen-Anhalt hat mit konkreten Beispielen vorgemacht, wie Aufgabenbündelung und Automatisierung etwa zu deutlich besseren Services für die Menschen führen. Solche Ansätze müssen nun systematisch skaliert und bundesweit verankert werden.

Eine digitale Verwaltung ermöglicht die Entlastung von Bürgern und Unternehmen und kann die Arbeit der Verwaltung in Zukunft auch mit weniger Personal sichern. Aber die Verwaltungsdigitalisierung darf nicht nur als Frage der Effizienz gesehen werden. Der Staat muss handlungsfähiger, bürgernäher und zukunftssicher werden. In Sachsen-Anhalt arbeiten wir daran, die Verwaltung zu modernisieren und gleichzeitig die Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger zu stärken.

Ein Beispiel dafür ist das Projekt „200-Euro-Einmalzahlung an Studierende“, das international Beachtung gefunden hat. Durch die Bündelung von Finanzierung, Rechtssetzung, Umsetzungsverantwortung und klare Zuständigkeitszuordnung konnte sichergestellt werden, dass Zahlungen einerseits schnell bei den Betroffenen ankommen und andererseits die Gelder zuverlässig, sicher und nur an wirklich Anspruchsberechtigte ausgezahlt werden.

Mit der Bereitstellung einer digitalen Antragsplattform, die den gesamten Prozess von der Registrierung und Authentifizierung über die Beantragung bis hin zur Auszahlung Ende-zu-Ende medienbruchfrei abbildet, hat mein Ministerium zum allerersten Mal einen Zahlungsweg von der Bundesebene unmittelbar an natürliche Personen eröffnet. Eine solche Projektstruktur und Governance wäre auch bei der Umsetzung der Registermodernisierung über das sogenannte NOOTS notwendig. Leider konnte eine entsprechende Initiative die Mehrheit der Bundesländer nicht überzeugen.

Immerhin: Durch die Bündelung von Aufgaben in einem Digitalministerium konnten wir auf Landesebene bei der Realisierung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) große Fortschritte erzielen. Nicht nur im Bereich der Fokusleistungen, wie etwa dem digitalen Wohngeld- oder Baugenehmigungsantrag, werden nun viele gerade kommunale Leistungen digital zur Verfügung gestellt.

Auch die Automatisierung von einfachen und repetitiven Aufgaben bietet enorme Potenziale. Durch den Einsatz von RPAs (Robotic Process Automation) gelingt es etwa, die manuelle Erfassung von bereits einmal digital erfassten Daten zu vermeiden. Dies macht immer dann Sinn, wenn die Schnittstellenprogrammierung aufgrund der Komplexität des Verwaltungsprozesses zu teuer ist. Ein Beispiel dafür sind die Auszahlungen von geleisteten Zusatzstunden bei Lehrkräften. Derzeit arbeiten wir daran, RPA in weiteren einfachen Verwaltungsvorgängen zu implementieren.

Darüber hinaus loten wir gemeinsam mit den Kommunen aus, welche interkommunalen kooperativen Ansätze realisierbar sind, das heißt etwa, welche Leistungen eine Kommune für andere und im Idealfall für alle anderen Kommunen im Land wahrnehmen kann. Derzeit müssen viele Kommunen sehr ähnliche Dienstleistungen individuell erbringen, Personal, IT und Prozesse müssen jeweils einzeln bereitgestellt werden.

Im Rahmen eines freiwilligen Serviceangebots könnten Kommunen OZG-Leistungen (insbesondere die Weiterverarbeitung digitaler Antragsdaten im Back-Office) zentral erbringen. Um zu prüfen, wie ein solches zentrales Serviceangebot für Sachsen-Anhalt (ZSA) aussehen kann, werden derzeit eine Machbarkeitsstudie sowie eine initiale Pilotierung durchgeführt. Durch solche Lösungen kann gerade die Stadt oder Gemeinde als kleinste, aber enorm wichtige Einheit für unsere demokratische Praxis auch in Zukunft leistungsfähig bleiben. Sachsen-Anhalt hat gezeigt, wie die Digitalisierung hier einen echten Mehrwert für Verwaltung und Bürger bringen kann.

Damit die Digitalisierung ihr volles Potenzial entfalten kann, müssen erfolgreiche Ansätze wie in Sachsen-Anhalt systematisch skaliert und bundesweit verankert werden. Nur wenn alle Verwaltungsebenen konsequent zusammenarbeiten, können digitale Prozesse nachhaltig verbessert, Synergien genutzt und Verwaltungsleistungen für Bürgerinnen und Bürger effizienter gestaltet werden. Die erfolgreiche Digitalisierung darf daher nicht an Ländergrenzen oder Ressortzuständigkeiten scheitern – sie muss als gemeinsame nationale Aufgabe verstanden und mit entsprechendem Nachdruck umgesetzt werden.

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Dr. Lydia Hüskens

Über die Digitalisierung der Verwaltung.